PR für Non-Profit-Organisationen: Ist es wirklich so einfach wie es die Weisheit „Tue Gutes und rede darüber“ (Walter Fisch) suggeriert? – Rein theoretisch ja. Aber auch eben nur rein theoretisch. Im Grundsatz funktioniert PR für profitorientierte Unternehmen genauso wie PR für Non-Profit-Organisationen (NPO). Bei genauerem Hinsehen und in der praktischen Umsetzung werden jedoch feine Unterschiede deutlich.
Ein Gastbeitrag von Ulrich Müller, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Kleiderstiftung
Stiftungen, gemeinnützige und karitative Organisationen gibt es viele; sehr viele sogar. Die PR muss also transportieren, was eine NPO ausmacht. Häufig wird eine Organisation über ihr Engagement, ihre Maßnahmen bekannt. In unserem Fall, wir sammeln und verteilen Kleiderspenden für humanitäre Hilfe, sind das Projekte im In- und Ausland – zum Beispiel in Palmeira, Brasilien. Als dort die Fußball-WM stattfand, war das Interesse an diesem Hilfsprojekt natürlich um einiges größer als sonst. Wir haben die mediale Aufmerksamkeit genutzt und eine Aktion gestartet: Jedes Paket, das zu uns geschickt wurde und schwerer als elf Kilo war, nahm an einer Verlosung teil. Zu gewinnen gab es elf Deutschlandtrikots. Mit den eingegangenen Kleiderspenden konnten wir es finanzieren, elf Kindermannschaften aus Favelas und auf dem Land mit Trikotsätzen auszustatten.
So erfolgreich die Aktion „11 Kilo für 11 Freunde“ auch war, man muss immer darauf achten, die Spendenempfänger nicht in das Licht der Öffentlichkeit „zu zerren“. Die Menschen und ihre Geschichten sollten nicht für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit instrumentalisiert werden. Meiner Meinung nach sollte aber die Motivation einer NPO die Basis für ihr Handeln und auch für die PR bilden. „Für Wärme und Würde“ – das ist der Claim der Deutschen Kleiderstiftung. Nicht umsonst haben wir ihn uns schon vor fünf Jahren gegeben. Unsere Projekte orientieren sich alle an diesem Grundsatz.
Nachvollziehbar handeln und offen kommunizieren
In Deutschland wird die Kommunikation über Spendenprojekte und soziales Engagement, von NPO und vor allem von profitorientierten Unternehmen, mitunter sehr kritisch gesehen. Eine transparente Darstellung der Aktivitäten einer NPO ist deswegen enorm wichtig! Die Verwendung von Geld- und Sachspenden interessiert die Spender. Eine offene Kommunikation über den Einsatz der Spenden, dazu gehört natürlich auch, was für die Infrastruktur der NPO eingesetzt wird, schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit.
Zu einer transparenten Kommunikation gehört für mich auch, Anfragen von Journalisten und Privatpersonen ehrlich und ausführlich zu beantworten. Veranstaltungen, zum Beispiel ein Tag der offenen Tür, und Führungen geben die Möglichkeit zu unterstreichen, dass man nichts zu verbergen hat.
„Dafür stehe ich mit meinem Namen“ – Claus Hipp verspricht es seit Jahren in seinen Werbespots. Der Babynahrung für die er wirbt, müssen die Kunden vertrauen können. Der Ansatz „echte“ Menschen zum Beispiel bekannte Persönlichkeiten kommunizieren zu lassen, ist alles andere als neu. Für die PR einer NPO ist das meiner Meinung nach aber unerlässlich, denn eine transparente Kommunikation ist ohne einen Ansprechpartner, mit dem man sich an einen Tisch setzen kann, nicht möglich.
Ausdauer braucht eine NPO nicht nur, um Projekte erfolgreich durchzuführen und dauerhaft zu helfen. Auch bei der PR finde ich Kontinuität sehr wichtig. Projektstarts, -fortschritte und Erfolge sind selbstverständlich willkommene Anlässe für die Pressearbeit. Allerdings gehört zur Kontinuität sowie zur Transparenz auch, über eingestellte Bemühungen und Projekte zu berichten.
Themen nutzen und Aufmerksamkeit steigern
Spenden für Flüchtlinge ist aktuell ein sehr großes Thema in der öffentlichen Diskussion. Unsere Unterstützung des Landesauffanglagers Friedland (Niedersachsen) hat große Medienresonanz erfahren. Erfreulicherweise haben wir nach den Veröffentlichungen in Print- und Onlinemedien viele Kleiderspenden erhalten mit denen wir Flüchtlinge unterstützen konnten. Aktuelle politische, soziale und wirtschaftliche Themen zu nutzen kann sich lohnen – im doppelten Sinn, denn Aufmerksamkeit und Spendenvolumen steigen an.
Dialogorientierung und Vernetzung: Diese beiden Buzz-Words kennen viele aus dem Marketing. Ich halte beides, konsequent und ernsthaft verfolgt, für sehr erfolgsversprechend. Gerade für eine NPO lohnt es sich, in Netzwerken aktiv zu sein, sich gemeinsam mit Partnern zu engagieren. Die Deutsche Kleiderstiftung ist unter anderem Mitglied im Dachverband FairWertung e.V. Gemeinsam verschaffen sich die Akteure mehr Gehör und werden als seriöse Organisation erkannt. Der Dialog mit anderen Organisationen ermöglicht darüber hinaus so manches Mal neue Sichtweisen und kann zudem auch greifbare Synergien entstehen lassen.
„Tue Gutes und rede darüber“ – vor einigen Jahrzehnten war das vielleicht ausreichend, um eine NPO bekannt zu machen. Um heute als NPO erfolgreich und zukunftsfähig zu sein, bedarf es meiner Meinung nach auch einer professionellen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
PR für Non-Profit-Organisationen – 5 Tipps von Ulrich Müller:
- Sprechen Sie über Ihre Motivation: Was macht Ihre Organisation aus und wofür steht sie?
- Kommunizieren Sie transparent und nachvollziehbar. Dazu gehört auch, Rückfragen von Spendern und Journalisten ausführlich zu beantworten.
- Kontinuität: Projektstarts, Erfolge, aber auch Misserfolge sollten offen kommuniziert werden. Halten Sie Spender, Partner und die Öffentlichkeit auf dem Laufenden, was sich bei Ihnen tut.
- Nutzen Sie aktuelle Themen: das können soziale, politische oder wirtschaftliche Themen sein. Das Interesse von Lesern, Zuschauern, Zuhörern sowie auch der Medienvertreter kann um einiges höher ausfallen.
- Gemeinsam stark: Vernetzten Sie sich und schaffen Sie Synergien mit anderen Organisationen oder Unternehmen.
Ulrich Müller:
Seit 2012 ist Ulrich Müller der geschäftsführende Vorstand der Deutschen Kleiderstiftung. Zuvor war er vier Jahre Geschäftsführer des Spangenberg Sozial Werk e.V. Ehrenamtliches Vorstandsmitglied des Dachverbands FairWertung e.V. ist Müller seit 2011. Langjährig wirkte er in Jugendverbänden und kirchlichen Einrichtungen. Im Rahmen seines beruflichen Werdegangs hat Müller bereits umfangreiche Erfahrung im Fundraising sowie in der gemeinnützigen Arbeit gesammelt.